Fettsäurenoxidation (FAO)

Die Oxidation von Fettsäuren (FAO) wird mit der Steuerung der Nahrungsaufnahme in Verbindung gebracht seit erstmals gezeigt wurde, dass die intraperitoneale Injektion des FAO-Inhibitors Mercaptoacetat (MA) zu einer Stimulierung der Nahrungsaufnahme führt. Für mehr als 20 Jahre war die vorherrschende Meinung, dass MA die Nahrungsaufnahme stimuliert, indem es die hepatische FAO hemmt und auf diese Weise ein von der Leber ausgehendes, vagal vermitteltes Signal induziert. In den letzten Jahren wurde dieses Konzept jedoch infrage gestellt, einerseits wegen der äusserst spärlichen sensorischen Innervation des Leberparenchyms, andererseits weil experimentelle Manipulationen der hepatischen FAO oft nicht den erwarteten Einfluss auf die Nahrungsaufnahme hatten. Ein Ziel unserer Forschung in diesem Zusammenhang ist es deshalb, unsere neue Alternativhypothese zu testen, dass Veränderungen der FAO in Dünndarmepithelzellen (Enterozyten) den Verzehr beeinflussen. Insbesondere untersuchen wir (1) ob Fettsäuren von Nahrungsfetten teilweise bereits in Enterozyten oxidiert werden, (2) ob dieser Prozess einen chemischen Mediator generiert, der von den Enterozyten freigesetzt wird, (3) die Aktionspotenzialfrequenz in vagalen Afferenzen beeinflusst und auf diese Weise ein Signal für das Gehirn generiert, welches letztlich die Nahrungsaufnahme beeinflusst. Diese Arbeitshypothese ist in Abbildung 1 dargestellt (Langhans et al., Am J Physiol 300:R554-R565, 2011). Wir überprüfen diese Hypothese unter Einsatz von aufwändigen experimentell chirurgischen, transgenen, elektrophysiologischen und analytischen Methoden in einer Kombination von In-vivo Studien an ad libitum gefütterten Ratten und Mäusen sowie in Zellkulturstudien und Gewebepräparationen

Vergrösserte Ansicht: Abbildung 1: Schema des postulierten FAO-sensitiven Mechanismus in Enterozyten, welcher die Nahrungsaufnahme beeinflusst. Im Interesse der Übersichtlichkeit sind nur die wichtigsten Stoffwechselwege mit ihren Schlüsselenzymen dargestellt.
Abbildung 1: Schema des postulierten FAO-sensitiven Mechanismus in Enterozyten, welcher die Nahrungsaufnahme beeinflusst. Im Interesse der Übersichtlichkeit sind nur die wichtigsten Stoffwechselwege mit ihren Schlüsselenzymen dargestellt.
Abbildung 2: Vergrösserte in-situ Aufnahme  des mesenterischen Lymphgefässes nach der Implantation eines Vialonkatheters (Arnold et al., Am J Physiol 302:R1365–R1371, 2012).
Abbildung 2: Vergrösserte in-situ Aufnahme  des mesenterischen Lymphgefässes nach der Implantation eines Vialonkatheters (Arnold et al., Am J Physiol 302:R1365–R1371, 2012).

Abbildung 2 zeigt eine andere experimentell chirurgische Technik, die bei uns entwickelt wurde und die es sonst nirgends gibt, die Kannulation des intestinalen Lymphgangs bei der Ratte. Damit lässt sich intestinale Lymphe bei frei beweglichen Tieren in Relation zu spontanen Mahlzeiten sammeln, was insbesondere für Untersuchungen zum Fettstoffwechsel der Enterozyten sehr nützlich ist. Wir untersuchen auch den Einfluss der FAO auf die Freisetzung von GLP-1 (Abbildung 3 zeigt eine einfache Zusammenfassung der diesbezügliche Befunde; Clara et al., Metabolism 65:8-17, 2016).

Vergrösserte Ansicht: Abbildung 3: Mechanismus der Freisetzung von GLP-1 aus GLUTag-Zellen (ein Modell enteroendokriner Zellen) durch Ölsäure.
Abbildung 3: Mechanismus der Freisetzung von GLP-1 aus GLUTag-Zellen (ein Modell enteroendokriner Zellen) durch Ölsäure.

Die Bedeutung dieser Untersuchungen liegt darin, dass sie zu neuen Erkenntnissen bezüglich der Stoffwechselmechanismen führt, welche die Nahrungsaufnahme beeinflussen, eine Frage die immer noch weitgehend ungeklärt ist. In Anbetracht der vielen unerwünschten Nebenwirkungen und anderer Probleme mit zentral wirksamen Antiadipositas-Pharmaka und begünstigt durch die eindrücklichen positiven Effekte der bariatrischen Chirurgie in der Behandlung von Adipositas und Typ-II-Diabetes, gewinnen periphere Mechanismen und die Kommunikation zwischen Verdauungstrakt und Gehirn bei der Regulation der Energiehomöostase mehr und mehr an Bedeutung. Ein möglicherweise potenter intestinaler Mechanismus zur metabolischen Steuerung der Nahrungsaufnahme hat deshalb grosse translationale Bedeutung. Kürzlich haben wir begonnen, die Studien zur Rolle der FAO bei der Steuerung der Nahrunsgaufnahme auch auf Astrozyten auszudehnen, die gelegentlich als Hepatozyten im Gehirn bezeichnet werden.

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